Nach dem Studium auf Weltreise! Meine „Lücke“ im Lebenslauf
„Und – was machst du nach deinem Studium? Schon eine Idee?“
Jeder, der am Ende seines Studiums steht oder gerade die letzten Meter Richtung Ziellinie marschiert, kennt diese Frage …
Ich habe sie schon 32 Dutzend mal gehört, als ich mein Bachelorstudium fertig hatte. Da war die Antwort: „Ich mach noch einen Master!“ Einfach und nachvollziehbar – macht man heutzutage ja so.
Jetzt ist die Lage etwas anders. Jetzt, wo ich stramm auf das Ende vom Masterstudium zulaufe, ist die Antwort: „Im Januar geht es auf Weltreise!“
Boom. Bei dieser Antwort sieht man oft den Überraschungseffekt ins Gesicht geschrieben. Doch die deutliche Mehrheit schaltet bei dieser Antwort schnell um und schenkt einem die Bestätigung, die dann gut tut:
„Du machst es genau richtig! Jetzt nach dem Studium hast du die Zeit, vielleicht das letzte Mal!“ – Ganz nach dem Motto: „Jetzt oder Nie!“
Aber ein paar bleiben auch skeptisch und fragen weiter.
Man kann sie im Grunde in zwei Kategorien einteilen:
Die Lebenslauf-Optimierer
Ihre nächsten Fragen sind:
„Wie erklärst du so eine Weltreise denn dann in einem Bewerbungsgespräch nach deiner Reise? Das ist ja dann eine mega Lücke nach dem Studium in deinem Lebenslauf! Denkst du nicht, dass ein Personaler nach der Lücke fragen wird?“
Klar kann ich die Fragen nachvollziehen. Gerade im BWL-Studium bekommt man von den alteingesessenen Professoren immer wieder mit, man solle einen möglichst lückenlosen und gradlinigen Lebenslauf haben.
Auch manche Unternehmen feiern mit Sicherheit solche Musterstudenten und nicht zuletzt sitzt man neben Kommilitonen, wie sie möglichst diesem einen roten Faden folgen möchten.
Eine Zeit lang habe ich auch daran geglaubt und mir ständig Sorgen um irgendwelche Praktika in den Semesterferien gemacht, um Zusatzqualifikationen durch Sprachtests. Sorgen darüber, so schnell wie möglich zu studieren, auch wenn einem durch das Bachelor-Gedöns-System viele Steine in den Weg gelegt werden.
Aber wer hat diesen roten Faden denn gespannt? Sollte man sich nicht besser selbst einen roten Faden abstecken, egal ob im ZickZack oder ab durch die Mitte? Die Hauptsache ist doch, dass man ihn zurückverfolgen kann und die Erfahrungen mitnimmt. Vor allem hat meine Oma schon immer mit gehobenen Zeigefinger gesagt: „Probieren geht über Studieren!“ Omas und Opas haben immer Recht!
Aber… muss ich mich überhaupt für sowas wie eine „Lücke“ durch eine Weltreise nach dem Studium rechtfertigen? Oder merke ich daran nicht schon, dass ich und die Unternehmenskultur nicht grün werden?
Eine Weltreise, wie wir sie verstehen, sollte jedenfalls alles andere als eine Lücke im Lebenslauf darstellen. Schließlich wollen wir nicht ein Jahr Strandurlaub in Blümchenbadehose und mit Cocktailglas bewaffnet machen. Wir wollen reisen! Diese berühmt berüchtigte Komfortzone verlassen, erweitern und sie mal ordentlich auf den Kopf stellen!
Um den Lebenslauf-Optimierern eine Antwort zu geben:
Wenn ich nach der Reise im Bewerbungsgespräch gefragt werde, was ich in einem Jahr auf Weltreise nach dem Studium so gemacht habe, werde ich erzählen …
- … wie ich ohne feste Route in die Welt gestartet bin und von unterwegs alles weitere geplant habe. (Projektmanagement)
- … was ich von den verschiedensten Kulturen gelernt und mitgenommen habe. (interkulturelle Beziehungen)
- … wie ich auf den Märkten der Welt verhandelt habe. (Verhandlungsgeschick)
- … dass ich mit zuvor kalkuliertem Budget losgezogen bin. (Kalkulation und Kostenrechnung)
- … wie ich an den Aufgaben, die die Welt bereithält, gewachsen bin. (Improvisation)
- … welche Sprachen ich vielleicht gelernt habe. (Sprachkenntnisse)
- … was ich mir über Bloggen, Social Media und Online Marketing beigebracht habe. (Fachwissen)
- … unter welcher URL der Blog zu finden ist (Selbstständiges Arbeiten)
- … und, dass diese Reise die beste Entscheidung meines Lebens war! (Selbstbewusstsein)
Sollte mich der Interviewpartner danach fragen, ob ich diese Lücke bereue, werde ich ziemlich blöd-aus-der-Wäsche-guckend fragen:
„Welche Lücke?“
Bestimmt gibt es die ein oder anderen Chefs und Personaler, die eine Weltreise negativ ankreiden. Das sind dann aber mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht die, mit denen man zwingend zusammen arbeiten will. Und genauso sicher gibt es die, die die Entscheidung nach dem Studium die Welt zu sehen schätzen werden und wissen, was es bedeutet, sich dafür zu entscheiden.
Hierzu passt folgendes Zitat aus diesem Artikel: „Das deutet nämlich darauf hin, dass die Bewerber die Fähigkeiten mitbringen, flexibel zu sein, getroffene Entscheidungen zu hinterfragen und eingeschlagene Wege nicht stur weiter, sondern neue Wege zu gehen. Vielfältige Erfahrungen sind auch ein Indiz für Mut, vielschichtige Interessen sowie die Schlüsselqualifikationen, den Blick über den Tellerrand zu wagen.“
Die Erst-Job-Sucher-dann-Auszeit-Nehmer
Ihre nächste Frage ist:
„Willst du dir nach dem Studium nicht erst einen Job suchen und dann sowas wie ein Sabbatical oder eine Auszeit nehmen?“
Nein, ich will ohne Verpflichtungen und Abhängigkeiten losziehen. Mir nicht direkt einen Job suchen, den ich schon mit der Hoffnung auf eine längere Auszeit im Hinterkopf annehme und dann die letzten Monate auf Weltreise schon wieder mit Gedanken im Job-Modus verbringe!
Außerdem würde ich von Tag 1 an warten, diese eine Auszeit nehmen zu können, die ich mir schon so lange in den Kopf gesetzt habe. Mich dauernd fragen, wann der richtige Zeitpunkt ist, beim Chef anzuklopfen und das Thema Weltreise auf den Tisch zu legen. Nicht gerade die Motivation, die man auf der Arbeit an den Tag bringen sollte.
Ich habe frisch nach meinem Studium keine Abhängigkeiten oder Verpflichtungen, konnte in den letzten Jahren sparen und habe das riesen Glück, Ania als Freundin zu haben, die genauso verrückt ist, und mit mir zusammen raus in die Welt ziehen will.
Auch Ania hat genau diesen Freiheitsgedanken und wollte keine Abhängigkeiten oder Verpflichtungen mit auf die Reise nehmen. Aus diesem Grund hat sie ihren gut bezahlten und mehr als sicheren Job gekündigt und kein Sabbatical in Anspruch genommen.
Daher sehe ich meine jetzige Situation nach dem Studium als den genau richtigen und perfekten Zeitpunkt, eine Weltreise zu starten!
Aber dieser Frage muss sich wohl jeder selbst beantworten. Ein Richtig oder Falsch gibt es hier nicht. Eher ein Wohl und Unwohl. Und wir fühlen uns mit unseren beiden Entscheidungen mehr als wohl!
Wenn man nach dem Thema ein wenig im Internet recherchiert...
…ist es schon fast erschreckend, wie sich junge Leute Gedanken machen und den Kopf zerbrechen, ob eine kleine oder auch etwas größere Auszeit nach der Paukerei negative Auswirkungen auf ihr weiteres Berufsleben haben könnte.
Man findet sogar Forenbeiträge von Studenten, die gerade mit Top-Abschlüssen von Top-Unis kommen und sich Sorgen machen, eine 3-monatige Reise durch Mittelamerika könne ihnen die Aussichten auf einen guten Job verbauen.
?!?!?
Das einzige, was sie sich verbauen oder vielleicht besser gesagt, was ihnen durch die Gesellschaft verbaut wird, ist die Chance auf diese einmalige Lebenserfahrung!
Wie kann man eine Welt- oder Langzeitreise nach einem Studium als etwas derart Karriereschadendes sehen?! Geht mir wirklich nicht in den Kopf.
- Punkt 1: Eine Reise wird niemals die persönliche Entwicklung zurückwerfen, sondern ihr ganz im Gegenteil nochmal gehörig in den Arsch treten und sie einen ordentlichen Gang nach vorne werfen.
- Punkt 2: Eine Reise wird nicht all dein Wissen, Zeugnisse und Qualifikationen wegspülen, sondern ihnen mit ein paar neuen Sprachkenntnissen und Allgemeinwissen ein großes Upgrade verpassen.
- Punkt 3: Du wirst selbstsicherer zurückkommen. Mit mehr Selbstbewusstsein, mehr Selbstvertrauen und herausfordernden Aufgaben mit mehr Sicherheit begegnen.
Und, wie meine Oma schon sagte: „Probieren geht über Studieren!“. Auf einer 3-monatigen, Langzeit- oder auch Weltreise in fremden Ländern auf sich alleine gestellt zu sein, ist wohl die beste Probe, das beste Praktikum für’s Leben, das man nur bekommen kann.
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So haben wir unsere Weltreise geplant und so kannst du auch deine Weltreise planen:
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🎒 Packliste
Hey Daniel,
ich plane gerade eine Indonesienreise und bin dabei auf eure Seite gestoßen. Gefällt mir sehr gut und deine Gedanken zur ‚Lücke im Lebenslauf‘ finde ich großartig. Das kann ich als Mama und Lehrerin nur 100%ig unterstützen. Habe ich gleich an meine studierende Tochter weitergeleitet, die sich leider auch immer viel zu viel Gedanken macht (obwohl wir ihr das nie vorgelebt haben). Ich würde ihr gerne passend dazu euer Reisejournal schenken. Wird es das nochmal in petrol geben? Nicht nur weil es ihre Lieblingsfarbe ist, sondern weil etwas weniger schmutzanfällig. Eueren Reiseführer Sulawesi werde ich mir gönnen, da man über Sulawesi wirklich nicht viel bekommt. Mein Mann und ich waren das letzte Mal als Studenten dort und sind gespannt, ob und wie sehr es sich verändert hat.
Euch weiterhin alles Gute und danke für die tollen Beiträge!
Hey Nicole! Vielen lieben Dank für die schönen Kommentar und wie cool zu lesen, was ihr eurer Tochter vermittelt. 😍 Danke für das schöne Feedback! 🙂 Das Journal ist aktuell ja ausverkauft in Petrol und wir sind gerade dabei die 2. Auflage zu planen. Aber das wird wohl nicht in den nächsten Wochen passieren… 🙈 Danke aber für das Feedback mit der Schmutzanfälligkeit, guter Punkt!
Danke! Ich habe mir echt Gedanken gemacht wegen der Lücke. Alle sagen ja immer „Willst du nicht erst einmal Geld verdienen? und was Festes finden?“. Das hat mich zum Grübeln gebracht. Aber nachdem ich diesen Artikel gelesen habe, ist klar was ich machen werde. Man bekommt nie wieder die Chance so viel freie Zeit zur Verfügung zu haben, außer man kündigt später seinen Job XD #letstravelaroundtheworld XD Nochmals danke fürs Motivieren und Überzeugen!💕
Hey Wiebke!
Freut mich so zu lesen, dass du deine Entscheidung anscheinend getroffen hast und dir der Beitrag noch einen kleinen Ruck mit auf deinen Weg geben konnte! 🙂
Wenn du die Welt sehen willst, dann willst du die Welt sehen! 🙂 Den „sicheren“ und „festen“ Job wirst du auch nach deiner Reise finden! Vielleicht sogar besser als zuvor, denn mit weniger Erfahrung wirst du nicht zurückkommen und sicher wirst du dich selbst auch noch einmal um einiges besser kennenlernen! 🙂
Ich wünsche dir eine tolle Reise und die beste Zeit, die du haben kannst! 🙂
Liebe Grüße
Daniel
[…] Backpackerjobs erwirbt man auf langen und selbstorganisierten Reisen wichtige Soft Skills: So listet dieser Artikel zu der Fragestellung unter anderem Fähigkeiten wie Projektmanagement, interkulturelle Beziehungen, […]
Ein toller Artikel. Schön geschrieben und genau die richtigen – oder sollte man besser sagen: die falschen – Fragen beantwortend! Danke 🙂
Danke dir, Nic 🙂 Immer schön hier Gleichgesinnte auf dem Blog zu treffen!
Und viel Spaß bei deiner „Lücke im Lebenslauf“, falls du gerade in der Planung steckst! 🙂
Liebe Grüße
Daniel
Hach, da fühl ich mich gleich wieder unter dreissig, wenn ich das lese. Gute Entscheidung! Viel Spass und schöne Erlebnisse!
Danke Thomas!
Die werden wir mit Sicherheit haben – die Vorfreude steigt von Tag zu Tag! 🙂
Schön zu hören wie du über die Entscheidung denkst. Aber ihr habt ja auch eine große Entscheidung getroffen – wünsch euch als Vollzeitreisende eine spannende Weiterreise! 🙂
Liebe Grüße
Daniel
Hallo ihr beiden,
was ein toller Artikel! Er spricht mir förmlich aus der Seele. 🙂 Wieso muss man sich denn ständig für seine Reisen rechtfertigen? Vor allem im Bezug auf die Jobsuche kann ich nur sagen: Reisen ist die beste Bildung! Da ich auch BWL studiere, musste ich ganz schön schmunzeln, bei euren Antworten an die Lebenslauf-Optimierer. Find ich super!
Ich bin schon gespannt, wie eure Vorbereitungen weiter gehen und freu mich schon mit euch auf den Tag, an dem es endlich los geht!!
Ganz liebe Grüße,
Anna*
Hi Anna!
Ganz genau – warum rechtfertigen? 🙂
Als BWLerin triffst du bestimmt auch täglich auf einen Haufen Lebenslauf-Optimierer. 🙂
Sehr cool zu lesen, dass da draußen noch mehr sind, die unsere Denke teilen und erst recht, dass du bei unserer Reise dabei bist! 🙂
Liebe Grüße
Daniel