Reisebericht: Kuelap in Peru
(🎥 Vlog zum Reisebericht)
Machu Picchu – schon mal gehört? Sicher.
Kuélap – auch schon mal gehört? Vielleicht nicht ganz so sicher.
Während tausende von Touristen tagtäglich zum Machu Picchu reisen, viel Geld für Anfahrt und Eintritte ausgeben und von Bussen und Zügen hochgefahren werden – steht die Stadt Kuélap ganz still und leise auf dem Berg in der Nähe der Stadt Chachapoyas.
Karte Chachapoyas

  • Älter und größer als Machu Picchu.
  • Gebaut auf einer 3.100 Meter hohen Bergkuppe.
  • 600 Meter lang und 120 Meter breit.
  • Umgeben von einer 20 Meter hohen Mauer.
  • Der Eingang? Kein Ticketschalter. Sondern drei schmale, tunnelartige Eingänge.
  • 450 alte Häuser sind darin zu finden, in denen die Einwohner damals gelebt haben.
  • Das alles erbaut auf zwei Ebenen.

Und dennoch steht Kuélap bei nur wenigen Touristen auf der Liste.

Der Machu Picchu ist halt einfacher zugänglich: Rein in den Zug, rein in den Bus oder eine 5-Tages-Tour von den zig Anbietern buchen, die in Cusco auf ihr Geschäft warten.
Kuélap aber befindet sich im Norden. Generell schon mal nicht auf der so genannten „Gringo-Route“ (die bekannte Touristen-Route, die eher durch den Süden von Peru führt). Hierher fährt kein Zug. Nur ein kleiner Minivan, der sich knapp 4 Stunden (für 72 Kilometer übrigens) von Chachapoyas aus durch die Kurven an den Bergen entlang hangelt. Und nach Chachapoyas muss man erst einmal kommen.
Aussicht von der Stadt Kuelap

Hier wirst du keine tausend Busunternehmen finden. Stattdessen steigst du auf 3.000 Metern Höhe an einem Parkplatz aus und läufst noch ein paar Kilometer einige Stufen hoch. Hier kann niemand in einen weiteren Bus steigen und sich einfach hochfahren lassen. Es gibt keinen anderen Weg dorthin, als eben zu laufen. Was wir nicht wussten, aber kein Problem, wir waren ja in Wanderform! 😀
Es war ein wenig neblig, grau, es regnete ganz leicht, als wir die Stufen hoch gingen. Die Luft war dünn und auch wenn wir den Zustand bereits aus Huaraz kannten, ist es immer noch der Wahnsinn, wie sich der Körper auf solchen Höhen verhält. Du kommst schnell außer Atem, gehst langsam und benötigst mehr Pausen. In unserer Gruppe waren einige ältere Peruaner, die mit sich zu kämpfen hatten. Aber auch sie schafften die letzten Stufen.

Um in die Welt ihrer Vorfahren einzutauchen.

„Kuélap!“, sagte unser Guide. „Wunderschön, oder?“
Wir standen auf einer Wiese, vor uns die hohen Mauern der alten Stadt.
Kuelap - Stadtmauer
„Die Stadt, die ihr hier seht, wurde schätzungsweise 400 n.Chr. gebaut…“, große Augen, als der Guide den Satz aussprach. Und ihn fortführte: „…und der Bau dauerte 700 Jahre.“
WIE BITTE?
Was für eine Geduld. Was für ein Aushaltevermögen. 700 Jahre an einer Stadt zu arbeiten, mit Sorgfalt, Liebe zum Detail und vor allem viel Planung, um ein Leben auf dieser Höhe überhaupt möglich zu machen. Der Berliner Flughafen wäre für die Chachapoyas wohl ein Klacks gewesen.
Als wir die Zahl „700 Jahre“ hörten waren wir schlagartig still, starrten auf die Mauern. Es war morgens, es war ein wenig kalt, doch plötzlich sprang unser Kopfkino an. Wie schon in Cajamarca, versuchten wir uns vorzustellen, wie das Leben hier ausgesehen haben muss.
„Die Kultur der Chachapoyas erbauten diese Stadt. Eine Kultur, die lange Zeit noch vor den Inka lebte.“
Wann haben die Chachapoyas gelebt

„Schaut euch diese Steine an. Diese massiven Steine und die Höhe dieser Mauer.

Wie sie das damals hinbekommen haben? Ohne Technik, ohne Hilfen von Maschinen… wir wissen es nicht. Aber sie haben es geschafft.“
Fußweg in die Ruinenstadt Kuelap
„Okay, habt ihr eure Fotos gemacht? Wir gehen weiter: durch den Eingang dort hinten.“, er ging vor. Über die Wiese. Kein vorgefertigter Weg. Keine Absperrung. Kein einziges Schild, das dir sagt, was hier und da verboten ist. Keine Pfeile, die dir sagen, wo du entlang laufen sollst, damit die Touris sich nicht gegenseitig im Weg stehen. Es war alles noch so wunderbar ursprünglich…
Wir gingen an der Mauer entlang. So gigantisch neben uns.

„Es wurde übrigens 3x mehr Material in dieser Stadt verarbeitet als in der Cheops-Pyramide.“,

sagte der Guide, während er weiterging und währenddessen immer wieder hoch schaute.
Stadtmauer von Kuelap
Eingang von Kuelap
Und hier standen wir nun vor dem Eingang. Ein schmaler Gang mit Stufen hoch auf die Ebenen, auf denen die Chachapoyas damals gelebt haben.
„Die Eingänge sind extra schmal gebaut, damit keine Massen an Eindringlingen gleichzeitig herein konnten. Und… achtet auf den Boden, während ihr hoch geht. Man kann immer noch die Spuren der Lamas erkennen, so viele sind dort ein und ausgegangen…“, sagte er lächelnd.
Wir gingen hinein. Die Mauern umgaben uns, ragten in die Höhe, einer nach dem anderen versuchten wir alle vorsichtig die rutschigen Steine zu erklimmen. „Hier“, sagte der Guide und zeigte grinsend auf den Boden. „Lama-Fußspuren von damals…“
Schmaler Eingang in Kuelap
Ich weiß nicht warum, aber so etwas kann mich fesseln. Spuren von alltäglichen, unbedeutenden Situationen, die aus damaligen Zeiten stammen. Ich stellte mir vor, wie die Lamas hier hoch gingen. Wie die Einwohner die Stufen hoch gingen, um zu ihrem Haus zu gelangen. Wir suchten Halt an den alten Steinen, die damals genau dort platziert wurden. Exakt dort. Von den Händen der Menschen. Vor so vielen Hunderten von Jahren.

Die letzten Stufen und wir standen auf dem Berg.

Der Guide breitete seine Arme aus, als würde er uns in seinem Wohnzimmer willkommen heißen.
„Das ist Kuélap!“
Guide in Kuelap
Wir standen auf über 3.000 Metern Höhe, inmitten einer ausgestorbenen Stadt, in der vor Jahrtausenden überall Menschen rumwuselten und hier lebten. Eine ganz andere Art zu leben. Eine gänzlich andere Kultur – und das am anderen Ende der Welt. Wie gern würden wir uns manchmal hineinbeamen in diese Zeit. Nur einen Tag zusehen, wie sie gelebt haben. Wie sie all das geschafft haben, was heute die Wissenschaftler vor so viele Fragen stellt. Selbst, wie sie es auf dieser Höhe geschafft haben, alle mit Wasser zu versorgen – eine ungeklärte Frage bis heute.
Ich mag es mir dann immer vorzustellen, wie sie alle im Himmel hocken und nur denken: „Boah Leute… das kann nicht euer Ernst sein. Bei all der Technik und den Möglichkeiten, die ihr habt, bei all den Forschungen und der Archäologie… fällt euch keine Methode ein, wie wir das vielleicht hinbekommen haben? Freunde, jetzt denkt doch mal nach!!“ 😀
Und wie sie sich wundern, wie so viele Jahre später Menschen aus aller Welt hierher kommen, einfach nur, um diese Stadt zu sehen. Oder zumindest die Überreste.

„Auf diesem Turm hier haben sie gestanden und runde Steine in den Himmel geschleudert – ihre Art, um Regen herbeizurufen.“

„Seht ihr das Schwarze dort?“, unser Guide zeigte in ein Loch in der Mauer. Wir nickten. „Das ist ein Knochen. Vermutlich war hier mal ein Brand, der viele Menschen getötet hat. Ob es die Inka waren, die dieses Feuer gelegt haben, da ist man sich noch nicht sicher. Feststeht, dass die Inka diese Stadt um das Jahr 1470 eingenommen haben.“
„Hier haben sie gelebt, in runden Häusern. Man vermutet, dass hier die Küche war. Und hier Platz, um Tiere zu halten. Und seht ihr das dort hinten? Dort …“ Der Guide erzählte weiter, und wir tauchten ein in die Welt von damals.
Ganz für uns.
Kuelap - kreisrunde Überreste der Häuser
Kuelap - Überreste von Haus
Restauriertes Beispielhaus in Kuelap
Wie es hier ausgesehen haben muss, wenn all die Häuser rund, mit spitzen Dächern so eng beieinander gestanden haben? Wir schauten auf die gesamte Ebene der Stadt. Überall, wo die runden Kreise stehen, haben damals Menschen gelebt. Wir waren ständig die letzten, die der Gruppe hinterherliefen, weil wir allein schon die Tatsache genossen, dass wir uns frei bewegen konnten, ohne Absperrungen. Alles war noch bewuchert, nicht perfekt für Besucher hergerichtet, gefegt und restauriert. Und sogar noch größer und älter als Machu Picchu.
Bewachsene Ruinen von Häusern in Kuelap
Kuelaps wild bewachsene Ruine

Das sind die Orte, die wir lieben zu besuchen.

Kein Massentourismus. Nicht so einfach zu erreichen. Noch bewuchert, original und Touristen, die hierher kommen, weil es sie wirklich interessiert. Und nicht, weil es zu einem „Must-See“ deklariert wurde und man ein Foto von dem Ort haben muss, wenn man heimkommt.
Nach einigen Stunden dort oben machten wir uns auf den Weg zurück. Der Guide war neben uns.

Und auch wenn die Stadt Kuélap an sich schon ein Highlight war – unser Guide Oto machte das Erlebnis besonders.

„Fährst du jeden Tag mit Touristen hierher?“, fragte ich ihn. „Es wechselt – einen Tag gehe ich zum Gocta Wasserfall, den anderen Tag hierher. Ich liebe es! Schau es dir an!“
Er war eine unfassbar herzliche Person, lachte ständig, hatte immer einen Witz auf den Lippen, fragte andere Touristen, die gar nicht zu seiner Gruppe gehörten, ob er ein Foto von ihnen machen sollte. Wartete auf den rutschigen Steinen, um jedem einzelnen die Hand zu geben und hochzuhelfen. Er hat die ganze Zeit Lieder gesungen, im Bus, auf dem Weg, hielt die Truppe bei Laune, auch wenn jeder außer Atem war und sich eigentlich nur noch hinsetzen möchte.
Zurück im Minivan, kurz bevor wir losfahren wollten, kam eine Frau und ein Mann ans Fenster. Er öffnete die Tür. Die beiden Peruaner fragten, ob er sie mitnehmen könnte in die nächste Stadt. Sie zeigten auf ein Paket, das sie mit dabei hatten. Scheinbar wollten sie in ihr Dorf zurück und müssten sonst laufen. Er zögerte nicht, sprang von seinem Sitz und bot ihnen den Platz an. Die beiden setzten sich – und er stand daneben und hielt sich am Griff fest. Die gesamten Stunden stand er geduckt im Van. Angebot zu tauschen lehnte er ab, mit einem Lächeln und einem Witz hinterher.
Auf Hälfte der Strecke stiegen wir aus. Es gab mitten in den Bergen ein kleines Dorf, das nur aus ein paar Häusern bestand. Und auch einem Restaurant, das von einer Familie geführt wurde. „Hier gibt es Mittagessen!“, sagte der Guide und sprang aus dem Wagen. „So unterstützen wie die Gemeinde hier in den Berge. Wir halten bei jeder Tour hier und so können sie auch ein wenig davon profitieren, dass Kuélap ein touristisches Ziel ist!“, sagte er. „Allerdings… plant die Regierung gerade eine Seilbahn. Sie wird direkt nach Kuélap gehen und all die Dörfer hier überspringen. Es wird für die Luxustouristen gebaut, damit sie nicht so lang im Wagen sitzen müssen.“
Hier lächelte er nicht.
Und verschwand durch die Tür des Restaurants.
Ein Moment mehr auf unserer Reise, der dazu führte, dass wir Touren, Anbieter und Möglichkeiten genauer hinterfragen: Wen unterstützen wir damit?
Andere Momente waren der Tag mit den Elefanten in Thailand und die Tage im Amazonas.
Die Peruanerin servierte die Vorspeise, wie es in Peru üblich ist.
Es gab Suppe, dazu den typischen Tee und die Hauptspeise. Es war nichts Besonderes, aber es war peruanisch. Und es war mitten in den Bergen.
Wir sind froh, dass unser Geld noch bei dieser Familie, in diesem Dorf und bei diesem Guide gelandet ist – und, dass wir Kuélap noch bewuchert und nicht überlaufen kennenlernen durften!

Selfie in Kuelap

Nachtrag 2023: Aus der Community habe wir erfahren, dass Kuélap momentan geschlossen ist, da dort eine Mauer eingestürzt ist. Wir haben nachrecherchiert und scheinbar kann man im Moment (Mai 2023) nur kleine Teile besuchen. Fragt am besten bei Buchung einer Tour nochmal nach.


Natürlich haben wir auch hier die Kamera laufen lassen!

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