Mit dem Frachtschiff nach Iquitos • Geiselnahme in der Hängematte • Teil 1
• Frachtschiff nach Iquitos • Teil 1
• Frachtschiff nach Iquitos • Teil 2
• Frachtschiff nach Iquitos • Teil 3
Rein in das Motorradtaxi, dann in den Minivan und danach in den Markt von Yurimaguas! Auf der Einkaufsliste standen: 2x Hängematten, 15 Liter Wasser, Obst, Snacks und ein paar Bierchen. „Reichen 15 Liter?! Wie viel Wasser werden wir da trinken? Ah warte, brauchen wir noch ein Moskitonetz?!“ Es dauerte keine 15 Minuten und wir hatten alles, was wir brauchten. Mit einem Motorradtaxi ging es dann zu unserem nächsten Transportmittel für die nächsten Tage: zu einem Frachtschiff, das uns durch den Amazonas fahren wird.
Warum und wieso?
Wir hatten auf unserer bisherigen Reise durch den Norden Perus eigentlich ein Highlight nach dem anderen erlebt: eine türkisblaue Lagune auf 4.800 Metern, einen der höchsten Wasserfälle der Welt, die vergessene Stadt Kuelap, die älter und größer ist als Machu Picchu – und dennoch hatten wir ein gigantisches Mega-Highlight vor uns! Wir wollten 3 Tage lang auf einem Frachtschiff über das Amazonas-Gewässer und seine Nebenarme nach Iquitos schippern!
Seitdem wir in Peru von dieser Möglichkeit gehört hatten, war uns klar: „Das machen wir!“ Wie sehr es zu einem Highlight unserer gesamten Weltreise werden sollte – das wussten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Warum aus den 3 Tagen plötzlich 6 Tage wurden, weshalb wir in eine Geiselnahme eines indigenen Volkes kamen und warum wir das Schiff am Ende nicht mehr verlassen wollten – das folgt nun in diesem 3-teiligen-Beitrag. Ein Beitrag, auf den wir uns persönlich schon unglaublich gefreut hatten niederzuschreiben: Die Geschichte eines Erlebnisses, an das wir fast jeden Tag zurückdenken: Unsere Frachtschiff-Fahrt durch den Amazonas.
Tag 1 • Einkauf, Bootssuche und die erste Nacht in einer Hängematte
Hier standen wir nun. Mitten auf dem Markt in Yurimaguas. Unsere Backpacks auf dem Rücken waren wir auf der Suche nach den letzten Dingen unserer Einkaufsliste. Yurimaguas ist ein kleines Hafendorf und alle, die man hier trifft, sind eigentlich aus den selben Gründen hier:
- Sie leben hier
- Sie wollen Ware auf das Schiff nach Iquitos bringen oder
- Sie wollen selbst nach Iquitos fahren
Denn das Hafendorf ist sozusagen der letzte Anschluss zur Welt vor der Stadt Iquitos. Iquitos ist keine kleine Stadt, im Gegenteil. Aber sie ist sozusagen vom Rest der Welt abgeschnitten: Sie liegt direkt am Amazonas und ist die größte Stadt der Welt, die nur über den See- oder Luftweg zu erreichen ist. Alles um diese Stadt herum ist ansonsten Dschungel. Keine Straßen, die hierher führen.
Klar wollten wir in diese Stadt reisen, zumal Iquitos auch als Ausgangspunkt für Touren in den Dschungel gilt und natürlich wussten wir sofort auf welchem Weg: Wir nehmen das Boot!
Daher auch unsere kleine Packliste
Denn für die drei tägige Bootstour brauchten wir Hängematten zum schlafen, genug Wasser für die tropischen Tage an Bord und natürlich ein paar Snacks.
Für Essen wird wohl gesorgt: „Essen gibt es dreimal am Tag aus der Bordküche. Einfach mit deiner eigenen Schüssel zur Essenszeit anstellen und nicht zu viel erwarten!“, so hatten wir es gelesen. „Wir nehmen zwei Hängematten und zwei Moskitonetze!“, sagten wir dann auf dem Markt.
Check.
Den halben Markt abgeklappert, hatten wir alle Dinge, die wir brauchten.
Jetzt blieben noch zwei Fragen: „Wo ist das Schiff und wie kriegen wir den ganzen Kram dahin?“
Ein Blick auf die Straße und die Antwort winkte uns mit einem Lächeln zu: Ein Motorradtaxi-Fahrer! Natürlich.
Nach einigen Monaten auf Reisen haben wir gelernt, dass es keinen Sinn macht, sich genau Adressen und Wegbeschreibungen zu notieren. Es ist nicht schlimm, wenn du nicht weißt, wie du von A nach B kommst – fahr erst einmal los und du kannst dich wie in einer Schnitzeljagd durchfragen: Einheimische werden dir den Weg schon erklären – oder idealerweise direkt hinfahren. Erspart viel Recherche-Zeit, Stress, Nerven und ist meist die sicherere Variante. Du wirst entspannter und lernst, dass du nicht alles planen musst. Zieh los und du kommst schon an.
„Iquitos?“ – „Si, Iquitos!“
Keine 20 Minuten später sahen wir, wie wir auf den Hafen zufuhren.
Das erste Bild, das uns begrüßte: Hafenarbeiter, die mit Zigarette im Mund die Ware von den Schiffen entluden. Links von uns bildeten Männer eine Kette und entluden alte PickUps und LKWs, um die Kisten auf die Schiffe zu tragen. Eier, Möhren, Kartoffeln, Fisch, Toilettenpapier – die Kisten waren mit allem beladen, was man sich vorstellen kann. Einige Kisten hatten Namen darauf stehen. Warum und wieso, lernten wir einige Tage später.
Es roch nach Fisch, Tieren, Dreck, Gemüse, Obst. Wir betraten den matschigen Boden des Hafens und vor uns: das blaue Frachtschiff von der Flotte Eduardo. Unser Transportmittel für die nächsten Tage. Wir grinsten und für uns roch all das, was in der Luft lag, nach Abenteuer. Nach authentischem Abenteuer und nach einer Art zu reisen, wie wir sie lieben!
Zwei Männer kamen plötzlich zum Motorradtaxi gelaufen, schnappten sich unsere Hängematten und Backpacks, um uns den Weg zu zeigen. Wir gingen mit unseren Wasserkanistern durch die Arbeiter hindurch, langsam, schauten uns dabei um.
Wir sahen, wie die Männer Unmengen an Kilos auf dem Rücken schleppten. Der Schweiß lief ihnen das Gesicht runter und mit angestrengtem Gesichtsausdruck kamen sie uns entgegen, wir sprangen zur Seite, um ihnen Platz zu machen, denn nur eine schmale Holzplanke führte auf das Schiff. Sie gingen im Schnellschritt. Einer nach dem anderen. Keine Maschinen waren hier zu finden. Jede einzelne Kiste wurde hier von Hand getragen. Jede einzelne. Auf jedem Schiff.
Ein Mann lief mit einem Zettel umher, versuchte zu koordinieren welche Kisten auf welches Schiff sollten, wie viele von welchen Waren bereits drauf waren. Er notierte, koordinierte, beobachtete, lief umher.
Das hatten wir dabei!
Das hatten wir dabei!
Bevor es nach Peru geht, solltest du noch klären, was du denn alles in den Rucksack packst. Hier findest du eine Liste unserer Klamotten und Co. für Trekking und Reisen durch Peru!
zur Peru PacklisteEiner der beiden Männer, die unsere Backpacks trugen, zeigte auf die Treppen.
Wir folgten ihm, gingen die alten Treppen hoch, vorbei an der rostigen, blauen Rehling, vorbei an der Kabine des Kapitäns und fanden uns auf dem zweiten Deck wieder. Sie warfen unsere Rucksäcke auf den blauen Boden. Die Seiten des Schiffs waren offen. Und das Deck war leer.
Es dauerte keine zwei Minuten und unsere Hängematten waren an den Stangen oben befestigt. Natürlich warteten die zwei auf Trinkgeld, das wir ihnen mehr als gern gaben: Wir hätten die Hängematten sicher nicht so gut befestigen können und wären wohl in der ersten Nacht auf dem Boden gelandet. 😀 Wir machten noch ein gemeinsames Foto und versuchten uns mit ihrem Nicht-Englisch und wir mit unserem Nicht-Spanisch dennoch gegenseitig zu erzählen, wo wir herkommen, was wir hier tun und uns zu bedanken. 😀
Unsere Hängematten baumelten vor sich hin.
Das Deck war leer.
Nur drei weitere Rucksäcke lagen auf dem Boden, aber ohne Besitzer. Scheinbar Backpacker, die gerade etwas zu Essen suchten.
Und so hatten wir die Situation für uns allein.
„Und?“, fragte ich Ania. „Gott ist das geil!“, und wir lachten los! Wir waren auf einem Frachtschiff mitten in Peru! Wir würden in Hängematten schlafen, wir würden auf den Fluss schauen, nicht auf eine Hauswand, wir würden die nächsten Tage die Zeit so sehr vergessen, wie wohl noch nie zuvor. Denn es würde keine Rolle spielen.
Wann war das letzte Mal, als wir 3 Tage am Stück nicht auf die Uhr geschaut haben?
Wann war das letzte Mal, als wir 3 Tage lang nicht im Internet waren?
Nicht im WhatsApp, kein Google, keine Nachrichten, kein Kontakt zu nichts und niemandem?
Wann war das letzte Mal, als wir von morgens bis abends Zeit für nichts als unsere Gedanken hatten?
Es war das erste Mal.
Wir richteten unser kleines Zuhause für die nächsten Tage ein: Moskitonetz mit Kabelbinder aufgespannt, Wertsachen in die Hängematten legen, Rucksäcke nah an die Hängematten platzieren, schauen, wo die Toiletten sind, wie die anderen Decks aussehen. Währenddessen immer die Rufe der Hafenmitarbeiter, die schnellen Schritte, das Poltern der Holzplanke, die auf das Schiff führt.
Wir setzten uns auf die Bank an der Reling, als wäre es unser Balkon und stießen mit peruanischem Bier an. Wir genossen den Ausblick auf den Fluss und die gesamte Situation, in der wir uns wiederfanden.
Später am Abend kamen dann auch die Besitzer der Backpacks. Drei Reisende, die sich etwas zu Essen geholt hatten. Und ein Peruaner, der neben uns sein Lager aufschlug. Er sah aus wie der peruanische Indiana Jones. Er grüßte uns mit einem Lächeln und einem Nicken. Zu dem Zeitpunkt waren wir noch Fremde.
Unser Abenteuer hat begonnen und wir waren so glücklich, zufrieden und voller Neugier auf die nächsten Tage, wie selten auf der gesamten Weltreise.
Es war 22 Uhr, als wir uns in die Hängematten legten und mit dem Geräusch des Flusses einschliefen.
Unsere erste Nacht auf einem Frachtschiff.
Und die Nachrichten im peruanischen Fernsehen berichteten währenddessen von Protesten am Fluss eines indigenen Volkes.
Nachrichten, die uns noch früh genug erreichen sollten.
(Alle Infos zum Frachtschiff und der Organisation findest du hier bei den faktischen Reisetipps zu Peru!)
Hallo ihr zwei! Auch ich und mein Freund freuen uns bereits seit Beginn unserer Reise auf die Fraktschifffahrt. Wir sind momentan auf dem Weg Richtung Norden und möchten ebenfalls von Huaraz nach Yurimaguas. Leider findet man dazu kaum Informationen, jedenfalls, wenn man über dem Landweg anreisen und nicht zurück nach Lima möchte.
Seid ihr mit dem Bus gereist? Wie lange muss man ungegähr einberechnen?
Lieben Dank und Kompliment zu eurem Blog, war schon oft eine Hilfe! Herzliche Grüsse aus Peru, Sandra
Hey Sandra!
Wir sind nich zurück nach Lima, sondern einfach mit dem Bus weiter 🙂 Das Busnetz in Peru ist top ausgebaut. Wir sind Huaraz aber eh erst einmal nach Trujillo, dann nach Cajamarca, dann nach Chachapoyas, dann nach Tarapoto und von dort dann nach Yurimaguas. Hier findest du unsere Route durch Peru
Mit dem Frachtschiff aber vorher am besten vorab informieren in Tarapoto, ob es fährt, einige haben uns geschrieben, dass es angeblich nicht mehr fahren soll bzw. keine Passagiere mitgenommen werden…
Ich hoffe, es klappt! 🙂
Liebe Grüße!
Ania
Hallo ihr zwei,
ganz lieben Dank für eure Antwort für den Flug von Asien nach Südamerika. Wir haben jetzt einen günstigeren Flug über NewYork gebucht:-). Los Angeles war in diesem Zeitraum tatsächlich etwas teurer.
Ich freu mich jedesmal über unseren kleinen Reisetauchsieder und denke an euch. Den Tipp haben wir in unseren Vorbereitungvon euch bekommen😄 und jetzt ist der Zauberkocher so oft im Einsatz.
Ich google jetzt schon seit einem Tag, wie man den Tickets bucht für das Schiff von Yurimaguas nach Iquitos. Oder kauft man die direkt vor Ort vor der Abreise. Finde da irgendwie nichts. Den Vlog haben wir auch bei euch schon vor einem Jahr gesehen und hat uns schwer begeistert. Wie habt ihr die Tickets erstanden?
Schade, dass man Machu Pichu nicht mehr so cool wie ihr besuchen kann. Aber wir werden auf jeden Fall den LowBudget Weg dorthin benutzen😉.
Ganz liebe Grüße von den Weltenbummlern Andreas und Carina
Hey Carina!
Wie cool, dass ihr der Tipp weiterhelfen konnte und sich auch noch rentiert hat! 😀 Hammer! Und zu deiner Frage: Die Tickets kauft man auf dem Schiff, genau!
Hier haben wir die Tipps einmal aufgeschrieben:
https://www.geh-mal-reisen.de/reiseziele/peru-reisetipps-insider-tipps/peru-sehenswuerdigkeiten-insider-tipps/
Einfach ein Stück runterscrollen, dann steht das unter „Insider Tipp: mit dem Frachtschiff fahren“!