Indonesien • Ein kleiner Gruß aus einem kleinen Dorf
Gut, vielleicht der etwas andere Start in Indonesien, aber wir wollten’s so: ankommen und direkt mal einen Vulkan besteigen.
Der Flieger landete auf Bali, wir übernachteten dort und sind am nächsten Morgen direkt wieder los: in die Stadt Banyuwangi auf der Insel Java, um den Vulkan Ijen zu besteigen!
Da wir jedoch keine Lust hatten, eine Tour von Bali aus zu buchen, beschlossen wir, auf eigene Faust loszuziehen. Und zwar so günstig es geht. Antwort hierauf wie immer: lokale Busse.
Wir besorgten uns am nächsten Morgen im Supermarkt ein wenig Proviant und halfen einem Balinesen sein Moped an einem LKW vorbeizuschieben. Er dankte es uns mit einer ehrlichen Antwort auf die Frage wie teuer eine Busfahrt zum Hafen im Norden sein sollte – damit wir nicht über’s Ohr gehauen werden. „Zahlt nicht mehr als 50.000 Rupiah pro Person. Wenn die euch mehr nennen, sagt nein. Aber nicht sagen, dass ihr es von mir wisst!“ und er lachte.
Bai nach Java mit dem Bus
Also gingen wir samt Backpacks und Proviant zum Busbahnhof.
Dort winkten wir allen ab, spazierten direkt zum Busfahrer und sagten ihm „50.000!“, bevor er uns einen Preis nennen konnte. Er nickte und wir stiegen in den lokalen Bus ein.
5 Stunden fuhren wir quer über Bali hoch in den Norden und waren baff von der Natur. Dem Grün, den zig Reisfeldern. Wir fuhren durch Dörfer und Orte, die so viele Touristen wohl noch nie gesehen haben.
Am liebsten wären wir manchmal rausgesprungen. Hätte aber eh nicht geklappt, da im Gang des Busses so ziemlich alles lag, was man transportieren konnte: über Gemüse, hin zu Ersatz-Bus-Reifen und zwei riesigen Stahlkoffern, was auch immer da drin war. Zwischendurch mussten wir helfen alles festzuhalten, damit es nicht hin und her geschleudert wird…
Nach 5 Stunden Busfahrt stiegen wir dann direkt am Hafen aus.
Wir zahlten 6.000 Rupiah pro Person und gingen auf die Fähre. Dachten wir erst, dass wir da in ein kleines Boot oder so steigen, ist da einfach mal eine riesige Fähre vor uns. Autos, Busse, Mopeds wurden zur Überfahrt unten abgestellt. Oben der Platz für die Passagiere. Mit Sitzplätzen wie im Kino, einem Fernseh-Programm und sogar sowas wie einem kleinen Restaurant. Ich habe nur Daniels erleichtertes Gesicht gesehen: Essen!
Die Fahrt war total entspannt und dauerte auch nur eine Stunde, während der wir das Meer und die Insel-Kulisse genossen.
„Ich glaube, wir sind da!“
Zwischen Fisch-LKWs und Mopeds schlengelten wir uns unelegant mit den Rucksäcken von der Fähre an Land. Waren aber etwas überrascht, dass irgendwie sonst kein „Fußgänger“ ausstieg, außer wir. Also machten wir, was man halt so macht, wenn man keine Ahnung hat, wo man ist: an Land den erst besten fragen, wo man gerade ist. „Tschuldigung, welche Insel ist das hier?“ Der Typ hat uns angeschaut, als wären wir gestrandete, dumme Wale. „Java!?!“ Kamen uns selten so dämlich vor, haha!
Nun gut, auf jeden Fall waren wir richtig. Jetzt nur noch zur Unterkunft kommen. Die haben wir zwar nicht in der Stadt Banyuwangi selbst, sondern ganz nah am Vulkan gebucht. Wir dachten, so ist die Fahrt zum Vulkan nicht so lang. Was uns da allerdings erwartet, damit hatten wir nicht gerechnet…
🎒 Das haben wir dabei!
🎒 Das haben wir dabei!
Bevor es auf Weltreise/Reisen geht, solltest du noch klären, was du denn alles in den Rucksack packst. Wir haben uns ein paar Gedanken über unsere Packliste gemacht und sind ziemlich zufrieden mit unserer Ausrüstung!
Unsere PacklisteAb ins kleine Dorf
Nach einem kurzen Telefonat mit dem Guest House Besitzer holte er uns eine Stunde später mit seinem Wagen ab.
Es war 19 Uhr, dunkel, wir waren müde und geschafft und hatten keine Ahnung, wo wir gerade hinfahren. Außer, dass die Unterkunft klasse sein muss, weil sie ÜBERALL mehr als angepriesen wurde. Drei Tage später dann auch von uns auf sämtlichen Portalen…
Nach 20 Minuten Fahrt bog er ab. Die Straße endete. Und der Schotterweg begann. Wir fuhren langsamer als ein Huhn ging und konnten nichts sehen, außer Steine, die den Weg bildeten und das von den Scheinwerfern angeleuchtete Grün um uns herum. Es ruckelte und unsere gegenseitigen Blicke sagten alles: „WO SIND WIR HIER?!“
Die Fahrt ging noch 20 Minuten so weiter, bis er anhielt. Auf einem Schotterweg. Es war dunkel, so richtig erkennen, wo wir hier gelandet sind, konnten wir nicht. Wir hörten Kinder, Hühner. Er führte uns in sein Haus.
Und es schien endlich ein richtiger Homestay zu sein! Kein airbnb-Homestay, der sich so nennt, obwohl er mehrere perfekte Bungalow-Anlagen am Pool hat… Wir waren bei einer Familie. Er führte uns ins Zimmer, knipste das Licht an. Ich kniff meine Augen zusammen. Ich weiß nicht ob wegen des Lichts oder der genialen pinken Barbie-Bettwäsche!
„Ist es okay?“ Daniel antwortete direkt: „Ich mag die Farben!“ und zeigte auf das Bett. Beide lachten und natürlich sagten wir dann, dass es okay war, denn das Zimmer hatte alles, was es brauchte: Ein Licht, ein Bett, ein Klo. Also… ein Klo auf asiatisch. Also Plumpsklo.
Wir waren in einem kleinen Paradies
Am nächsten Morgen wachten wir im Paradies Indonesiens auf.
Es war hell, die Sonne schien, wir gingen die Treppe runter. Niemand da. An der Kochnische stand Reis und ein Topf. Hm… wir gingen ins „Wohnzimmer“. Auf einmal kam die Frau des Guest House Besitzers auf uns zu und fragte mit Handzeichen, ob wir Frühstück möchten. Wir nickten etwas schüchtern, hatten ja irgendwie noch keine Orientierung, wo wir hier sind. Sie ging rein, bereitete Tee zu und ein leckeres Frühstück, das wir aßen, wie man es in dem Dorf eben isst:
Ich weiß nicht warum, aber es hatte so etwas unglaublich Entspanntes. Es war so einfach. So unkompliziert und beruhigend. Wir schielten zwischendurch raus und ein klein wenig konnte man erkennen, wo wir hier waren. In einem kleinen 200 Seelen-Dorf auf Java. Nach dem Frühstück gingen wir raus und standen mitten im Dorf: eine Straße.
Neben uns Hühner, einige hatten Kühe im Garten, am Ende der Straße Reisfelder, mit Blick auf’s Meer. Die Kinder kamen zu uns gerannt, lächelten, spielten Verstecken und verhielten sich, als sei das ganze Dorf ihr Wohnzimmer.
Alle Dorfbewohner waren an ihrem Haus, arbeiteten, aßen, jeder kannte sich. Niemand rief den Kindern zu, sie sollen leiser sein. Sie ließen sie spielen, schreien, rufen und lachen. Und sie lachten mit. Man grüßte uns, als wir da so planlos entlang spazierten. Wir waren baff. Wir sind gerade wirklich auf einem Dorf, wie wir uns so oft vorgestellt haben, mal zu landen. Weit ab von allem, was man kennt.
„Möchtet ihr ein wenig herumspazieren?“, fragte der Guest House Besitzer uns, als er uns sah. „Ja, genau… ist es… hier diese Straße, richtig?“ Er nickte und sagte er rufe seinen Freund, der uns gern etwas herumführe.
Zwei Minuten später gab uns Kholik die Hand.
Ein warmer freundlicher Händedruck, aus dem am Ende des Besuchs eine Umarmung wurde. „My name is Kholik!“, sagte er. Wir stellten uns vor. Fragten ihn ein wenig aus, ob er hier lebt, was er macht, während er die gleichen Fragen zurückstellte. Er war uns auf Anhieb sympathisch. Eine Frohnatur, die viel lächelte, von Herzen.
„Kommt mit!“, sagte er dann. Wir folgten ihm zu den Reisfeldern und er fragte, ob wir eine Kokosnuss möchten. Er würde sie eben vom Baum holen. „Öhm… klar?!“
5 Minuten später kam er dann wirklich mit Kokosnüssen wieder runter und zwei Strohhalmen. „Setzt euch!“, und er zeigte auf kleine Plattform am Reisfeld. Wir setzen uns zu zwei Dorfbewohnern. Sie grüßten uns und wir unterhielten uns mit Kholik Übersetzungs-Hilfe ein wenig.
„Lebst du hier schon immer?“, fragten wir den im blauen Shirt. Also den Jüngeren. „Ja! Und ich werde hier bleiben, bis ich sterbe! Die Menschen hier sind toll. Wir sind eine große Familie! Zum Beispiel… wenn hier jemand ein Haus baut, hilft jeder mit. Ohne zu fragen. Und niemand verlangt Geld dafür von dem anderen für die harte Arbeit. Es reicht, wenn jemand Reis oder etwas zu trinken mitbringt. Wir helfen einfach gern… und ihr? Woher kommt ihr?“ und ein kleines Gespräch nahm seinen Lauf.
Irgendwann schauten wir die kleine Straße hinunter. Als würde man den Frieden auf Erden gefunden haben. Ein großer Schluck aus der frischen Kokosnuss, ein Blick über die Schulter zu dem Reisfeld und rüber zu den älteren Menschen, die ihren Enkelkindern zufrieden beim Spielen zuschauten und Wäsche aufhingen.
Ich versuchte vor meinem inneren Auge ein alltägliches Leben in Deutschland neben diesem Leben hier zu legen. Sie nebeneinander zu halten. Und musste fast schmunzeln, als ich daran dachte, wie die Menschen über den „roten Faden“ im Leben redeten. Über Karriere-Leitern. Eben über den Lebensweg, wie man ihn in Europa kennt. Und dann sitzt du hier in Indonesien und blickst aus einer anderen Welt auf deine Welt zu Hause. Aus einem so anderen Blickwinkel und einmal mehr merkst du: Es gibt keinen Standard, kein „Normal“, es gibt kein „so sollte es sein“. Es gibt eine ganze Welt hier draußen, die dir zeigt, was es alles gibt.
„Habt ihr ausgetrunken?“
unterbrach Kholik die Gedanken. Die Kokosnuss war noch halb voll, die war einfach gigantisch! Auf ex haben wir sie ausgetrunken (sodass uns sogar was schlecht wurde) und bedankten uns. „Ich würde euch einen Wasserfall zeigen, wenn ihr Lust habt! Wie sieht’s aus?“, sagte Kholik. „Öhm… okay… klar, warum nicht!“ – „Gut, holt eure Badeklamotten!“ und wir zogen uns schnell um.
Als ich die Treppe wieder runterkam, traute ich meinen Augen nicht. „Daniel??! Kommst du????“, rief ich hoch und sah einfach einen gigantischen Vogel auf dem Arm von Kholik. Und es kam die dämliche Frage rausgeschossen: „Was ist das?!?“ Wobei die Frage eigentlich tausend Fragen in einem ausdrücken sollte: „Warum ist das Teil hier, warum ist es auf deinem Arm, warum ist es so gigantisch und woher kommt es???“
Kholik lachte. „Das ist Nessie! Er kam vor zwei Monaten in einem Fluss angespült, war noch ein Baby. Ich habe ihn mitgenommen und ein wenig gefüttert und gepflegt, damit er wieder fit wird und ihn wieder in der Natur ausgesetzt, wo er hingehört. Doch… er kam immer wieder. Und er ist geblieben!“
Kurz zur Erläuterung: Dieser Vogel ist ein Nashornvogel. Der Vogel, den wir in Malaysia unbedingt sehen wollten, weil er dort im Dschungel lebt, groß ist und einzigartig ist. Wir hatten Pech, haben ihn nie gesehen. Und auf einmal sitzt er hier vor uns. Mit einem Glöckchen um.
„Hier, halt mal!“ – „Kann der beißen?“ – „Er versucht es, aber er ist noch zu klein. Nur zwei Monate alt. Kann noch nicht richtig beißen!“ Ach so, er ist noch klein…
Der Wahnsinn. Wir hatten einen Nashornvogel auf dem Arm!!! „Ein Tourist aus Singapur wollte ihn abkaufen. Für eine Menge Geld. Ich habe immer Nein gesagt. Er ist wie ein Kind für mich geworden.“ Und er hört tatsächlich auf ihn. Als Nessie losflog und wir zu dem Moped gingen, drehte Kholik sich einmal um und rief seinen Namen, raschelte an einem Baum. Und der riesige Vogel, nahm mit seiner Spannweite die gesamte Straße ein und kam zu uns an einen Baum geflogen. Zu krass…
„Hier, nehmt das Moped!
Wir fahren zum Wasserfall! Ist es okay, wenn mein Sohn mitkommt?“, fragte er. Der Junge schaute uns schüchtern an und lächelte, als sein Papa ihm sagte, dass er natürlich mit kann und sich auf’s Moped setzte. „Übrigens, wenn ihr mal ein Moped braucht, könnt ihr das hier gern nehmen. Kein Problem!“ und ehe wir was sagen konnten, fuhren los. Und wir fuhren durch das Paradies.
20 Minuten später stiegen wir vom Moped, gingen über Steine, über Baumwurzeln einen Fluss entlang.
Bis wir am Ende an einem einsamen Wasserfall ankamen!
Es war ein Bilderbuch-Wasserfall!
Wir gingen direkt ins Wasser, Kholik kam mit uns rannte über die Steine, als hätte er nie etwas anderes getan. Er sprang ins Wasser, genoss die Naturdusche, kletterte die Steine hoch und war anscheinend einfach in seinem Element. Er schnappte sich unsere Kamera und machte ein paar Fotos – er liebte es Fotos zu machen. Wir haben tausende auf der Speicherkarte – er hatte immer wieder andere Ideen für neue Motive.
Einmal sind wir über eine Bambusbrücke, er ging vor uns und sprintete auf einmal los, ich lief mit, weil ich dachte, die Brücke fiele zusammen – dabei wollte er einfach nur vorlaufen, um ein Foto von uns auf der Brücke zu machen. Musste an meinen Papa denken, hat er damals im Urlaub auch immer so gemacht, um die besten Motive zu bekommen.
Wir saßen eine Zeit lang dort, genossen die Kulisse, die nassen Haare und die Geräusche. Es wirkte so… surreal. So unglaublich unwirklich. Ich weiß gar nicht, wie lange wir dort waren. Zeit spielte keine Rolle. Erst, als uns danach war, spazierten wir zurück. Wir wieder ganz vorsichtig, während Kholik und sein Sohn über alles liefen, wie bei ihnen zu Hause.
„Vielleicht habt ihr Lust auf Papaya?“, fragte er.
Und zu meinem Erschrecken musste ich kurz überlegen, wie das nochmal aussieht. Wie es wächst. Und schmeckt?! „Klar!“, sagten wir. Irgendwie überwältigt von allem, was hier gerade passiert. Wir ließen es einfach mal laufen, ließen wortwörtlich jede Sekunde auf uns zukommen und ließen uns auf eine Art… einfach fallen. Wir wussten zu keiner Minute, wo wir als nächstes sein werden, was wir sehen werden, was er mit uns vorhat. Und vor allem: Warum er all das tut? Ist es eine Art Ganztagstour, die wir am Ende zahlen? Wenn ja, wie viel gibt man denn da? Keine Ahnung. Erst genießen.
Wir stiegen auf’s Moped. Einheimische grüßten uns, einige Mopedfahrer kamen uns entgegen. Kholik bog ab. Man kann nicht sagen, dass es eine Straße war. Es war… einfach… grün. Wir fuhren auf Grün. Mitten durch einen Papaya-Garten.
Die Grashalme streiften unsere Beine und Arme, wir duckten uns, versuchten zu folgen. Man sah den Boden gar nicht mehr, einfach nur grün. Bis Kholik anhielt und in die Bäume ging, nach oben schaute. „Gelb! Eine gelbe Papaya ist reif! Sucht mit!“ und wir suchten irgendwo in Indonesien gerade nach reifen Papayas in einem Papaya-Garten…
Natürlich waren wir nicht so fix, wie Kholik. Er kletterte bereits einen Baum hoch und schnappte sich drei Papayas.
„Hier, die sind reif! Können wir später essen!“ Joa, warum nicht, mal eben einen Abstecher gemacht, um Papayas vom Baum zu pflücken. Und auch hier… wir ließen einfach passieren. Und so fuhren wir mit Papayas in den Händen, mit nassen Haaren vom Wasserfall an Reisfeldern vorbei zurück ins kleine Dorf. Ich hätte am liebsten den gesamten Tag non-stop gefilmt. Non-stop. Er war zu idyllisch, um wahr zu sein!
Wir kamen wieder an seinem Zuhause an.
Stiegen vom Moped ab. „Kommt rein, habt ihr Lust auf Tee? Oder Kaffee?“ Und wie immer war unsere Antwort: „Klar, warum nicht!“ und wir durften in sein Zuhause. Seine Frau lächelte uns an und ging in die Küche. Wir setzten uns auf die Bänke. Es sah schön aus, geräumig, hell, bunte Wände. Seine Frau brachte uns Tee, Kholik kam mit einem Messer aus der Küche und schnitt die Papaya auf. „Nehmt, ist gut für eure Augen! Und ich trinke Kaffee… ich liebe Kaffee!“ und ich fragte, wo sie ihren Kaffee herbekommen… ob sie ihn hier irgendwo kaufen, oder in der Stadt? „Nein nein, machen wir selbst. Wir haben hier Kaffeebäume.“ Ja… natürlich… und dann haben wir uns geärgert, dass wir keinen Kaffee genommen haben!
„Woher kannst du so gut Englisch?“, fragte Daniel.
„Das bringe ich mir seit 2 Jahren selbst bei. Ich spreche viel mit Touristen, wie mit euch. Das hilft. Und einmal waren zwei Kanadier hier, sie haben mir ein Buch hier gelassen, mit dem ich viel lerne.“ Jeden Tag ein bisschen. Er holte das Buch. Es war ein Lonely Planet Sprachreiseführer. Englisch – Indonesisch, aufgeteilt nach Kategorien, wie Essen, Transport und Smalltalk.
Er liest die Sätze, lernt sie auswendig, lernt, wie man darauf antwortet und wendet es an. Und wir beschwerten uns mal über Englisch Hausaufgaben in der Schule. Darüber, dass wir Bücher mitschleppen mussten. Und die Vokabel-Abfragen erst. Und dann sitzt er dir gegenüber und zeigt stolz seine Bücher und Sprachführer, die er geschenkt bekommen hat von Gästen, die einmal im Dorf waren. Wir hatten nichts dabei, wir hätten ihm so gern etwas dagelassen.
Ich schnappte mir das Wörterbuch und lernte ein wenig Indonesisch. „Ich komme aus Deutschland.“ und las es vor. Die Frau aus der Küche lachte los, rief irgendwas auf indonesisch zu Kholik. Wir lachten einfach mal mit, auch wenn ich der Überzeugung bin, dass ich es gar nicht mal so schlecht ausgesprochen haben muss!
Dann sagte Kholik: „Möchtet ihr heute mit uns zu Abend essen? Wir laden euch gern ein! Würden uns freuen! Denn bei dem Guest House habt ihr kein Abendessen, und hier im Dorf könnt ihr sonst nichts Warmes bekommen… kommt einfach vorbei, ab 5!“ und wieder: „Klar, warum nicht!“
Abends gingen wir zu ihm, er stand bereits in der Tür und hieß uns einmal mehr willkommen.
„Worauf habt ihr Lust? Reis oder Nudeln?“ Uns war schon unangenehm, dass wir überhaupt eine Wahl hatten. „Öhm… Reis…“, sagten wir einfach. Und seine Frau ging in die Küche. Kholik stellte uns Tee hin und ein Freund von ihm kam an der Tür vorbei. Er schien zu fragen, wer wir sind und Kholik lud auch ihn ein. Der Freund sprach kein Wort Englisch, aber Kholik übersetzte oder wir schnappten uns den Lonely Planet und versuchten uns an indonesisch. Hat auf jeden Fall für genügend Lacher gesorgt an dem Abend!
Wir sprachen über Lebenshaltungskosten in Deutschland und er fasste sich an den Kopf, als wir sagten, dass man Rambutan pro Stück in Deutschland zahlt und wie teuer sie sind. „Bei mir wachsen sie hier vorn am Baum!“ und er zeigte lachend raus. Er übersetzte seiner Familie und seinem Freund, sie lachten los.
Die Gespräche gingen über Arbeits-Alltage in Deutschland hin zu seinem Talent als Möbelbauer. „Hier, worauf ihr gerade sitzt, die Bank und der Tisch hier vorne, habe ich selbst gemacht! Das ist meine Leidenschaft. Das Holz ist vom Kaffeebaum. Ist ein sehr gutes Holz!“ und wir schauten unter uns, wie perfekt die Bank, auf der wir saßen gemacht war. Dunkles Holz, geölt, mit Verzierungen. Er hob den Tisch an, um zu zeigen, wie er gemacht ist. „Es sind zwei Glasplatten hier. Dazwischen möchte ich Scheiben von kleinen Holzbäumen legen. Das wird einen richtig guten Effekt geben!“ Er blühte darin auf, erzählte uns von den Holzarten, die hier wachsen, welche er wofür nutzt und wie lange er für ein Möbelstück braucht.
„Wisst ihr, ob ich sowas wie… eine Lizenz bräuchte, um Möbel nach Deutschland zu verkaufen? Die kanadischen Gäste zum Beispiel wollten gern ein Möbelstück von mir kaufen und ich würde es schicken. Aber ich frage mich, ob es auch in andere Länder gehen würde? Nach Deutschland? Das wäre mein Traumberuf.“ Denn gerade verkauft er Reis in der Stadt. Wir mussten passen. Das wussten wir auf Anhieb nicht, aber die Mail für die entsprechende Behörde ist bereits vorbereitet. Falls es jemand von euch weiß, lasst uns einfach einen Kommentar hier!
Die Stunden vergingen und ich versuchte mich sogar daran ein Armband zu… „nähen“. Die Frau verkauft die Armbänder in den verschiedensten Farben und brachte die Nadel und die Kugeln, um mir zu zeigen, wie es geht.
Um nicht drumrum zu reden: Ich war schlecht. Zig unfassbar mini kleine Kugeln, die man auf eine mini kleine Nadel pickt (aber nur 6!), darum einen Knoten macht, dann 4 andere mini Kugeln nimmt mit der mini Nadel… und so weiter. Ich trank den Tee langsam aus und sah ihr zu. Sie sagte etwas auf indonesisch und alle lachten. „Was hat sie gesagt?“, fragte ich direkt. Mitlachen ohne was zu raffen, ist dann doch recht kacke 😀
„Sie sagte… dass sie mit dem Armband fertig ist, bevor du deinen Tee getrunken hast, weil du ihn so langsam trinkst.“ Und lachte wieder.
Na, das ließ ich nicht auf mir sitzen und trank ihn aus, kurz bevor sie das Armband fertig hatte – sie hatten zum Glück den gleichen Humor und es fühlte sich einfach an, wie ein Besuch bei Freunden. Ich durfte mir ein Armband aussuchen und legte es direkt um.
Wir haben so viel gelacht, Fotos gemacht, gegenseitig Fragen gestellt über das Leben des anderen. Sie stellten noch eine Art Reis-Pfannkuchen als Nachtisch auf den Tisch, Früchte, noch mehr Tee und Kekse, die auch aus Reis gemacht waren. Natürlich alles selbst gemacht. Es war so ein schöner, richtig gemütlicher, witziger Abend!
Kurz bevor wir aus der Tür gingen, fragten wir:
„Wie viel dürfen wir… dir geben? Für den gesamten Tag? Du hast ja fast eine Ganztagestour mit uns unternommen!“ eine unangenehme Frage, weil wir nicht wussten, ob er das ohnehin verlangte oder wie wir es ansprechen sollten, aber einfach so gehen wollten wir auch nicht.
Er schaute uns an mit dem Blick „Versteh ich nicht, die Frage.“ Wir wiederholten. Und er winkte nur ab, sagte ganz leise, während er uns anschaute: „Nein. Nein nein. Ich habe es gemacht, weil ich euch mein Dorf zeigen wollte. Nicht, weil ich Geld wollte. Es kommt einfach von Herzen!“
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Daniel anscheinend genauso, denn wir lächelten nur und sagten gefühlt tausend Mal Danke auf indonesisch. „Aber das Armband! Lass mich wenigstens das Armband zahlen, bitte!“, sagte ich. Er winkte wieder ab: „Nein. Es ist ein Andenken. Dass ihr euch immer an meine Familie und diesen Abend erinnert!“
Er hätte arbeiten können, denn eigentlich verkauft er Reis in der Stadt. Er hätte weiter Englisch lernen können, er hätte sein Haus weiter bemalen können, wo er gerade dran war oder Möbelstücke bauen können – doch er zeigte uns einen gesamten Tag lang die schönsten Ecken seiner Umgebung, lud uns zu Tee ein, zum Abendessen mit seiner Familie und tischte mehr auf, als wir essen konnten.
Als er diese Worte sagte, spürte ich sowas wie ein Kribbeln in meinen Augen, sie wurden ein wenig feucht.
Ich habe keine Ahnung warum. Ist man wirklich so wenig Gastfreundschaft von fremden Menschen gewohnt? Hat man so viel Misstrauen innerhalb der Gesellschaft, in der man sonst lebt, dass man so überwältigt ist von Offenheit und Herzlichkeit?
Würde er wohl überhaupt ein fremdes Lächeln auf den Straßen Deutschlands zurückbekommen, so wie wir hier in Indonesien? Fühlt man sich erwischt, wie wenig man im Leben bisher gegeben hat, wo es doch so viel mehr zu geben gibt?
Wohl von allem ein bisschen. Aber ganz vorn war es schlicht und einfach die Freude, Menschen wie diese kennengelernt haben zu dürfen, die einem unterbewusst mehr mitgeben, als einfach nur die Erfahrung derartiger Gastfreundschaft.
Auch wenn das hier kein Reisebericht einer Sehenswürdigkeit war, keine Top-10-Liste an Reisetipps oder schönen Stränden… wollten wir mit diesem Bericht ein Stück dieser Offenheit nach Deutschland schicken und mit euch teilen.
Liebe Grüße…!
PS: Unter dieser Nummer könnt ihr Kholik übrigens erreichen: 082143009050
Hey! Ich konnte gar nicht mehr aufhören den Bericht zu lesen es hört sich so unfassbar wunderschön an. Nachdem ja inzwischen doch etwas an Zeit vergangen ist, habt Ihr irgendwelche Updates die Jahre über bekommen? Kann man die Unterkunft noch immer buchen?
Ich fürchte, ich finde sie auch nicht mehr auf booking… sie hieß „Kawah Ijen Guesthouse“ in Banyuwangi, vielleicht findest du sie, wenn du dich umhörst… werde auch nochmal recherchieren!
Hallo Ihr Beiden,
ich finde euren Blog richtig super und kann gar nicht aufhören zu lesen. 🙂
Ich wollte euch nach dem Namen der Unterkunft beim Vulkan fragen, da anscheinend der Link bei booking.com nicht mehr funktioniert. Wir wollen im Mai nach Indonesien und bin genau auf der Suche nach Plätzchen wo nicht von Touris überflutet werden.
Macht weiter so,
Liebe Grüße
Kerstin
Hey Kerstin!
Hm, der Link funktioniert bei uns zwar noch, aber wir sehen, dass man es irgendwie nicht buchen kann… wir haben den Besitzer mal gefragt, haben damals Kontakte ausgetauscht! Mal sehen, was er sagt! 🙂
Melde mich und ändere es hier, sobald wir was Neues wissen!
Danke für die Info und euch schon mal viel Spaß in Indonesien! 🙂
So, wir haben hier nun eine Nummer von Kholik!
082143009050 Dort kann man buchen! 🙂
Liebe Elisa,
poah. Was für ein wunderschöner Kommentar, vor allem deswegen, weil es 16jährige wie dich gibt, die bereits verstanden haben, worum es geht. Die Kulturen, die Umgebung und was das Reisen ausmacht. So weit war ich mit 16 noch lange nicht, das musste noch etwas dauern, bis ich es so richtig verstand.
Und auch hat es länger gedauert zu verstehen, was ich will bzw. nicht will.
Da scheinst du schon auf dem richtigen Weg zu sein – daher machen wir uns da bei dir absolut keine Gedanken, dass du deine Wege finden wirst zu reisen und zu leben, wie es am besten zu dir passt… denn dazu braucht es nicht allzu viel Geld. 😉
Wir wünschen dir ganz viel Erfolg für deine Pläne und solange sind wir mehr als gern deine Tipps-Geber und Motivations-Aufrecht-Erhalter 😉
Ganz viele liebe Grüße in die schöne Heimat! 🙂
Ania
Hey ihr Beiden!
Ich hab gestern euren Blog gefunden und bin begeistert bis zum geht-nicht-mehr.
Arbeite mich jetzt von vorn bis hinten durch, weshalb ich heute fast den ganzen Tag nur hier gelesen habe und gar nicht gemerkt habe wie die Zeit vergeht.
Ihr schreibt so, dass man sich fühlt als wär man mit dabei. Wenn ihr sprachlos seit bin ich es auch, wenn ihr lacht dann sitze ich hier vor meinem Laptop und grinse in mich hinein. Danke, dass ihr uns so lebhaft mit auf eure Reisen nehmt und danke für die vielen Tipps und Empfehlungen für außerhalb des Tourismus- das wird mir nämlich auch immer zu viel, da geht die ganze Kultur an einem vorbei.
Es ist unglaublich wie offen die Menschen schon in Malaysia waren, und es ist, in Deutschland lebend (leider) fast unvorstellbar jemandem wie Kholik zu begegnen.
Ich bin leider erst 16 und mache in zwei Jahren mein Abitur, aber bis dahin werde ich weiter die Reiseberichte eurer Weltreise lesen (und alles was jetzt noch folgt, bin gespannt!), mir fleißig Notizen machen und Ideen sammeln wohin ich denn will. Natürlich nicht so viel und weit wie ihr, denn klar, für ne Weltreise hab ich (noch) kein Geld, aber dennoch will ich genauso wenig wie ihr später in einem Büro sitzen und hoffen, dass endlich Feierabend oder Freitag ist. Da lohnt es sich früh mit der Planung zu beginnen wie man diesem Stress am Besten umgehen kann.
Ich hoffe, dass eure Pläne mit der Umsetzung eurer Ideen so klappen wie ihr es euch wünscht, viel Erfolg dabei!
Liebe Grüße mit Fernweh,
aus eurer Heimatstadt Düsseldorf
(wie klein die Welt doch ist :D)
Hallo ihr Beiden,
ich habe euren Blog zufällig entdeckt und bin wirklich begeistert und arbeite mich jetzt kontinuierlich von Bericht zu Bericht. Das erweckt wirklich das Fernweh in mir! 🙂 Ihr schreibt so locker und authentisch das man meinen könnte, man unterhalte sich mit Freunden. Ihr seid wirklich inspirierend und zeigt auch das es noch was anderes auf der Welt gibt als Angst, Terror und Gewalt.
Im Gegenteil die Welt hat so viel Aufregendes zu bieten und es gibt tatsächlich noch Menschen die einfach nur freundlich sind ohne irgendwas zu wollen (Bericht oben). Die einfachsten Dinge und Momente sind manchmal die die einen am glücklichsten machen, nur leider verliert man sie manchmal aus den Augen, weil man sich von der hektischen Welt viel zu leicht ablenken lässt. Man braucht mehr solcher Alltagsfluchten um ein Stück weit auch gelassener zu werden und nicht immer alles so eng zu nehmen. Reisen erweitert ungemein den Horizont. Ihr sprecht mir wirklich aus der Seele… macht weiter so. Ich bin auch so gern unterwegs und wer weiß, vielleicht schaff ich irgendwann auch mal meine eigene Weltreise. 🙂
LG,
Franziska
Hey Franziska! 🙂
Cool, dass du uns gefunden hast und riesen Dank für den tollen Kommentar! 🙂
So schön zu lesen, wie wir anscheinend nach Außen wirken und dabei ein kleine Portion Fernweh versprühen!
Das ist wohl eine der größten Botschaften, die wir rüberbringen wollen: Die Welt ist schön und an den meisten Ecken nicht so gefährlich und schlimm, wie man sie jeden Tag in den Medien serviert bekommt! Natürlich wollen wir hier nichts unter den Teppich kehren und es gibt eine Menge Baustellen und Krisengebiete.
Aber wir durften auf der Reise so viele tolle Menschen treffen, auch in Regionen, in denen man laut Auswärtigem Amt besser mit niemanden hätte gesprochen.
Du hast eine tolle Einstellung und glaube ich den selben Antrieb zu reisen wie wir! 🙂 Drücken dir fest die Daumen, dass der Plan deiner Weltreise aufgeht!
Liebe Grüße
Daniel
Hey wisst ihr noch wo der Busbahnhof ist ? Und wir oft ein Bus fährt ?
Hey Marcia!
Du meinst den Bus von Denpasar in den Norden?
Der war hier (Google-Maps) und hieß Terminal Bus Ubung! 🙂
Wie oft der gefahren ist, das wissen wir nicht mehr, wir sind einfach hin und haben den nächsten Bus genommen!
Hoffe, die Maps-Daten konnten aber wenigstens schon mal weiterhelfen! 🙂
LG aus Peru,
Ania
Hallo ihr beiden,
super coolen Blog habt ihr! Uns gefällt euer Schreibstil und wir freuen und immer, wenn wir einen neuen Post von euch lesen können.
Viel Spaß weiterhin und eine geile Zeit!!
Jenny & Tanja
Hi ihr beiden! 🙂
Das ist wohl eins der besten, größten, coolsten Komplimente, die man als Schreiber kriegen kann – wir nehmen es gerne an! 🙂
Unser nächster Blogpost ist auch schon unterwegs und sollte, wenn alles glatt läuft, heute noch kommen.
Liebe Grüße aus Singapur und bis demnächst!
Daniel
Hey Ihr beiden.
Na das hört sich mal nach übel geilem Abenteuer an…..da liegt die Messlatte für unsere Tour relativ hoch.
Den Vogel zu toppen bekommen wir wahrscheinlich nur schwer hin…..Adler in der Mongolei oder Blaufußtölpel auf den Galapagos sollte evtl. mithalten können.
Also dann, freu mich auf weitere Berichte und mit Euch dann unsere Erlebnisse teilen zu können.
Bis dahin noch viele Grüße aus dem Düsseldorfer RWI-Gebäude
Ibra
Hey Ibra!
Haha, Messlatte… ihr werdet so viele und vor allem andere Messlatten legen, dass ihr selbst nicht wissen werdet, was cooler war! 😀
Ob es dann ein Adler oder doch ein blauer Frosch wird… wir werden gespannt sein 😉
Ist auf jeden Fall schon in den Lesezeichen! Countdown läääufft!!
Grüße zurück ins altbekannte Gebäude! 😉
Sehr toller Beitrag von euch! Das liest man richtig gerne und bereitet einem Freude 🙂
Hey Katja!
… dann kannst du dir ja halbwegs vorstellen, welche Freude es uns bereitet hat an dem Tag selbst 🙂
Wird wohl einer von den Beiträgen, die wir immer wieder aufklicken werden… 🙂
Wow. Ich bin immer wieder total begeistert von euren Abenteuern. Danke das ihr das mit anderen teilt.
Sowas MUSS einfach mit der Welt geteilt werden! Wir selbst sind begeistert von den ganzen Menschen, die für solche Momente sorgen… 🙂